Personalbeschaffung in der Schweiz und ihre Schwierigkeiten

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Rekrutierung eines Einkäufers in der Schweiz: eine Herausforderung?

Einem Bericht der Credit Suisse aus dem Jahr 2018 zufolge werden die Digitalisierung der Wirtschaft und die Alterung der Schweizer Bevölkerung das Gesicht der Fachkräfte in den kommenden Jahren verändern.

Rund 90.000 kleine und mittelständische Unternehmen sind mit einem akuten Fachkräftemangel konfrontiert. Besonders betroffen sind der traditionelle Industrie- und Bausektor, der hauptsächlich Ingenieure und Techniker beschäftigt. Im Gegensatz dazu, und entgegen der landläufigen Meinung, ist die Rekrutierung von Mitarbeitern im Gesundheits- und Bildungssektor weniger schwierig.

Die Zunahme der Pensionierungen – 500.000 Menschen werden in den nächsten fünf Jahren das gesetzliche Rentenalter erreichen – und die schrittweise Automatisierung bestimmter Berufszweige dürften erhebliche Auswirkungen auf die Sektoren Gesundheit, Hightech-Industrie sowie Informations- und Kommunikationstechnologie haben.

Diese Digitalisierung bietet Chancen, bringt aber auch Herausforderungen mit sich.

Wie sieht es in der Welt des Einkaufs aus?

42 % glauben sogar, dass die Branche unter einem Mangel an qualifizierten Fachkräften leidet.

Kleine und mittlere Unternehmen sind am stärksten betroffen.

Andererseits, und das ist der Preis für einen gewissen Erfolg, wird der Einkauf allmählich zu einer Schlüsselfunktion, deren Innovationspotenzial sich als treibende Kraft für das Unternehmen erweisen könnte. Das Anforderungsprofil an den Einkäufer wird sich also allmählich ändern. Ein gutes oder sogar sehr gutes IT-Verständnis und bessere analytische Fähigkeiten werden unabdingbar.

Laut einer aktuellen Procure-Umfrage sieht eine große Mehrheit der Einkaufsleiter bereits deutliche Veränderungen im Anforderungsprofil der Fachkräfte. Diese Veränderungen sind zum Teil auf die fortschreitende Digitalisierung zurückzuführen. Insbesondere spezifische IT-Fähigkeiten zur Bewältigung der entsprechenden Kostenkategorien sind gefragt, was logischerweise der Entwicklung der IT-Budgets in den Unternehmen folgt.

Marina George, Einkaufsleiterin bei Manufacture Vaucher in Val-de-Travers, stellt fest, dass die Rekrutierung zunehmend über Netzwerke wie Linkedin erfolgt und dass in der Region vorhandene Profile bevorzugt werden. Außerdem könnten die aktuellen Schulungen verbessert werden, um die Professionalität des Einkaufs zu erhöhen.

Vincenzo Mezzasalma, Einkaufsleiter bei Archer Daniels Midland, einem internationalen Lebensmittelkonzern, stellte seinerseits fest, dass das Profil der Einkäufer immer technischer und kontextbezogener wird und dass eine qualitative Suche immer häufiger wird. Traditionelle oder generalistische Agenturen haben es schwer, diese Art von Ressourcen zu finden, die für das Unternehmen so wichtig sind.

Die Suche nach der seltenen Perle – einem qualifizierten Einkäufer, der ein Treiber der Veränderung ist – ist eine echte Herausforderung für Einkaufsleiter und ihre HR-Kollegen.

Die Liste der Schlüsselkompetenzen wächst mit den Aufgaben des Einkäufers, wie die Procure-Studie zeigt. Schweizer Unternehmen betrachten nach wie vor Zuverlässigkeit und Verantwortung (98%), Kostenbewusstsein (96%) und Teamgeist (91%) als Kernkompetenzen für den Einkauf. Besonders Mitarbeiter in Führungspositionen müssen die klassischen So-Skills beherrschen, darunter Kommunikationsfähigkeit (97%), Stressresistenz (95%), Durchsetzungsvermögen (93%) und Überzeugungskraft (92%). Lösungsorientiertes Arbeiten (97 %) und analytisches Denkvermögen (94 %) haben im Vergleich zu 2014 an Bedeutung gewonnen. Andererseits scheint ein abgeschlossenes Studium nicht zwingend notwendig zu sein, um erfolgreich eine Karriere im Einkauf zu starten (18%).

Außerdem wird der Einkauf immer internationaler. Um ihre Tätigkeiten auszuführen, geben 56 % der Einkäufer an, dass sie heute gute Englischkenntnisse benötigen. 20 % von ihnen verwenden regelmäßig Französisch. Italienisch, Spanisch und andere Sprachen sind im Alltag weniger wichtig. Nur 7% benötigen keine Fremdsprachenkenntnisse in ihrem Beruf.

Wie Sie die besten Einkäufer identifizieren und rekrutieren
Durch die Professionalisierung des Einkaufs wird die Teambildung langfristig immer wichtiger. Einkäufer werden zunehmend zu Analytikern und nicht zu Kostenkillern. Sie sind das Image der Abteilung, die ersten Botschafter des Einkaufsansatzes und der Ziele. Eine erfolgreiche Rekrutierung ist daher ein Erfolgsgarant für die Einkaufsfunktion. Der nächste Schritt besteht darin, sie zu halten, zu trainieren und ihre Talente zu entwickeln – es liegen also große Herausforderungen vor uns!

Einer der Schlüssel zum Erfolg bei der Rekrutierung von Einkäufern ist das Wissen, wie man auf die größtmögliche Bandbreite an Talenten zugreifen kann. Wir empfehlen eine mehrkanalige Kommunikation der Bedürfnisse. Jobbörsen bieten zum Beispiel nur einen Teil der aktiv suchenden Käufer an. Deshalb kommunizieren einige Einkaufsleiter ihre Aktionen in den Fachmedien. Durch die Nutzung einer Plattform können sie die Neugier bestimmter Käufer wecken, die nicht die Absicht gehabt hätten, ihre Bewerbung einzureichen.

Ein nicht zu vernachlässigendes Werkzeug ist die Kooption. Unser Netzwerk, Einkäufer und sogar interne Kunden haben ihre eigenen. Eine Politik des Sponsorings und der Empfehlungen hilft, wertvolle Profile zu finden und sorgt auch für Motivation innerhalb der Teams.

Eine weitere Möglichkeit, bei der Personalbeschaffung erfolgreich zu sein, besteht darin, ständig auf der Suche zu sein und zu wissen, wie man den Bedarf vorhersehen kann. Das Anlegen eines Kontos in einem sozialen Netzwerk für Einkäufer und warum nicht auch das Führen eines Blogs über die Aktivitäten Ihrer Abteilung sind alles Möglichkeiten, um Markttrends zu erkennen und die Profile zu entdecken, die Sie gerne in Ihrem Team hätten.

Das Bewerbungsgespräch ist ebenfalls ein wichtiger Schritt, mit dem Sie vermeiden können, den falschen Käufer zu wählen. In diesem Einzelgespräch werden natürlich Tests durchgeführt, die es Ihnen ermöglichen, die Fähigkeiten des Bewerbers zu bewerten, vor allem aber seine Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten. Es geht darum, den Grad ihrer Neugierde zu bestimmen, indem man feststellt, ob sie relevante Fragen stellen. Indem man den Kandidaten mit einem unerwarteten Problem konfrontiert, kann man seine intellektuelle Beweglichkeit beurteilen. Es ist auch wichtig, sicherzustellen, dass der Bewerber während des gesamten Gesprächs versteht, was gesagt wird.

Es geht darum, mit dem Kandidaten an seiner Fähigkeit zu wachsen, an seinen Fähigkeiten, und nicht an reinen Leistungen zu arbeiten. Achten Sie darauf, was die Person, die Sie einstellen, nach einem Jahr erreicht haben wird, anstatt sie für das einzustellen, was sie noch erreichen muss. Der Personalverantwortliche, ob Einkäufer oder nicht, muss nach einem Ergebnis suchen, einer Projektion dessen, was er erhalten möchte, wobei er technische Fähigkeiten, aber auch menschliche Fähigkeiten (zwischenmenschliche Fähigkeiten, Analyse, Agilität usw.) berücksichtigen muss.

Die Rekrutierung eines Einkäufers, der sich auf IT spezialisiert hat, könnte zum Beispiel folgendermaßen ablaufen:

 

  1.  Stellen Sie die erwarteten Ergebnisse ein.

    Die erwarteten Ergebnisse sind das, was die Person nach 18-24 Monaten umgesetzt haben wird. Oft nimmt der Recruiter eine Stellenbeschreibung der Funktion. Dies kann sein, „eine Roadmap / Abbildung von Prozessen und Möglichkeiten für diese oder jene Beschaffungskategorie erstellt zu haben, Bewertungskriterien eingeführt zu haben, etc.

  2. Die wichtigsten Herausforderungen

    Dies sind die Hindernisse, die den Käufer daran hindern können, den Prozess abzuschließen. In diesem Fall für einen IT-Einkäufer: interner Widerstand gegen Veränderungen, technische Entwicklung, mangelnde Attraktivität für Lieferanten usw.

  3.  Schlüsselqualifikationen

    Der Personalverantwortliche muss an den Fähigkeiten arbeiten, die der Kandidat haben muss, um die oben genannten Hindernisse zu überwinden. Zum Beispiel Überzeugung, Führung, Hightech-Kultur, technische Kompetenz in Sachen Cloud oder Server, Kommunikation, Durchhaltevermögen oder Agilität.

Jede dieser Fähigkeiten sollte mit einer Punktzahl versehen werden, die angibt, wie hoch die Priorität ist, die ihr beigemessen wird. So entspricht z.B. 8-10 der Selbstständigkeit des Kandidaten unter allen Umständen, 6-8 seiner Beherrschung in normalen Zeiten, ohne besonderen Kontext, usw.

Generell gilt: Je strategischer die Themen, um die es geht, desto höher ist die Priorität, die den Verhaltenskompetenzen eingeräumt wird.

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